Lofotenherbst

Herbst auf den Lofoten (09.09. – 15.09.2019)

Vernünftigerweise bewegt man sich an der norwegischen Küste nicht mit dem Auto von einem Ort zum anderen. Die vielen Fjorde machen aus einer scheinbar kurzen Fahrt in den Nachbarort manchmal eine mehrstündige Tour immer am Ufer entlang. So fährt auch unsere Reisegruppe nicht mit dem Auto, sondern standesgemäß mit den Hurtigrutenschiffen und hier mit der schönen «Midnadsol». Ich durfte das Schiff ja schon auf meiner ersten Reise auf die Lofoten in 2015 kennenlernen (s. Winter auf den Lofoten).
Unser Reiseleiter und fotografischer Mentor Manfred war schon oft in Norwegen und mit den Hurtigrutenschiffen unterwegs. Er erzählt, dass die früheren kleinen Schiffe viel schöner waren. Es war gemütlicher und es bestand ein direkterer Kontakt zwischen Menschen und dem Meer. Na ja, auf einen zu innigen Kontakt mit dem Meer und dem Gewoge ist mein Magen nicht erpicht. Dasselbe denken auch die Anderen aus unserer Fotogruppe, wir genießen das große Schiff und den Komfort einer geringeren Schaukelei. Wobei die Schiffe der Hurtigruten zwischen den Inseln und dem Festland relativ geschützt vor Wetter und Wellengang verkehren. Nur auf dem Abschnitt zwischen Svolvær und Bodø verläuft der Kurs über den offenen Atlantik, da kann es schon mal mehr schaukeln.
Wir brechen von unserer bisherigen Unterkunft in Sortland am Mittag auf und ich habe das Vergnügen, unseren Mitsubishi Outlander in das Schiff fahren zu dürfen. Mannomann, das Schleusentor ist nur wenig breiter als der Wagen und direkt dahinter geht es rechtwinkelig in eine Halle. Aber es klappt gut und ich bin schon gespannt, wie ich den SUV nachher in Svolvær wieder aus diesem verwinkelten Raum herausfahren werde. Denn zum Wenden des Wagens ist kein Platz. Da muss ich wohl nachher rückwärts fahren. Das wird spannend.
Aber jetzt geht es erst einmal nach oben, an Deck. Die Sonne scheint und die Kamera wartet schon.

Landschaft aus erhöhtem Standpunkt. Nach kurzem Zwischenstopp in Stokmarknes, dem Ursprung der Hurtigruten (Link) tauchen wir in den Raftsund ein und passieren die Brücke der Europastraße E10. Weiter geht die Fahrt durch den herrlichen, schmalen Raftsund zwischen dem westlichen Ufer der Insel Hinnøya und der Lofoteninsel Austvågøya. Zu beiden Seiten erheben sich hohe Berge, die in allen Farben leuchten.

Die Spannung steigt, ob wir denn auch durch den Trollfjord fahren, wo sich das Schiff angeblich drehen muss, um weiter zu kommen. Ich schaue auf mein Handy, um zu checken, wo denn der Trollfjord liegt und sehe –  dass ist ja ein Seitenfjord, also eine Sackgasse! Also nix mit weiterkommen, sondern Volksbelustigung? Da bin ich gespannt, was das werden wird. Immer, wenn die Lautsprecher etwas erzählen über die Landschaft, wird auch erwähnt, dass man ja heute eventuell durch den Trollfjord fährt, aber dass der Kapitän noch nicht sicher ist, ob Wetter und verbleibende Zeit das zulassen.

Dann wird es spannend: Wir passieren die Insel Ulvøya auf der Ostseite und dann müsste das Schiff den Kurs auf Westen ändern, um in den Trollfjord einzubiegen. Und – was macht das Schiff?
Ja, Jubel ertönt von den Passagieren auf Deck, das Schiff ändert den Kurs und biegt um die Südspitze von Ulvøya herum. Um in den Trollfjord hineinzukommen, fährt es sogar wieder ein Stück zurück. Ja, das ist Service am Kunden!
Das Schiff passt tatsächlich knapp zwischen die bis zu 400m hohen Berghänge hindurch und fährt bis fast zum Ende, dann dreht es auf der Stelle und fährt wieder hinaus, Wahnsinn.

Der Rest der Strecke ist nach dem Spektakel fast langweilig. Es dauert noch eine gute Stunde, bis wir gegen 17 Uhr in Svolvær auf der Insel Austvågøya anlegen. Dann die spannende Frage, wie bekomme ich den Outlander wieder aus dem Schiff heraus? Aber als ich auf dem unteren Deck ankomme, hat sich der Laderaum verändert, alle Hindernisse sind weg und ich kann ganz einfach vorwärts zur Schleuse fahren. Als sich dann das Schleusentor öffnet, liegt die Kaimauer ungefähr 1,5 m höher als mein Deck. Aber oh Wunder, plötzlich bewegt sich der ganze Raum nach oben. Die Schleuse entpuppt sich als Fahrstuhl und entlässt mich ebenerdig auf den Kai.
Vom Hafen fahren noch eine halbe Stunde bis ins Bryggehotell, unsere Unterkunft im schönen Henningsvær, dem «Venedig der Lofoten».
Wer mehr Bilder oder eine Beschreibung von Henningsvær sehen möchte, kann hier auf einer lokalen Webseite mal schauen, oder sich meinen Reisebericht vom Februar 2015 ansehen.

2. Tag: Sonnenaufgang und Regen

Um 4:30 Uhr klingelt der Wecker, denn es «droht» ein schöner Sonnenaufgang. So stehen wir kurz nach Fünf auf einem kleinen Hügel am Ostufer von Henningsvær und harren der Dinge, die sich am Osthimmel tun.
Leider wardas die einzige einigermaßen lohnenswerte Foto-Gelegenheit am heutigen Tag. Denn nach dem Frühstück beginnt es zu regnen und das hält sich den ganzen Tag mehr oder weniger dran. Wir fahren ein bisschen herum und hoffen auf Regenpausen, aber letzendlich landen wir ohne Ausbeute in Svolvær. Ein echter Lichtblick ist aber das Abendessen im BACALAO (https://www.bacalaobar.no/) in Svolvær, wo man locker und ungezwungen sitzt und Speisen zu vernünftigen Preisen (nach norwegischer Sichtweise 😊) erhält. Mit meinem Klippfisch (auf Steinen getrockneter Dorsch) war ich sehr zufrieden.

3. Tag: Fahrt nach Reine

Nach einem opulenten, leckeren Frühstück mit Fischsalaten, Rührei und Waffeln mit Blaubeermarmelade starten wir unsere Fototour. Der Himmel ist lebhaft bewölkt, zeigt schöne Strukturen, mit ca. 15 °C ist es relativ warm und es soll trocken bleiben.
Heute geht es auf der E10 immer weiter Richtung Westen bis nach Reine. Die knapp 120 km schlängeln sich meist an der zerissenen Küste entlang. Manchmal unterquert die Straße eine Meerenge zwischen zwei Inseln durch einen Tunnel, manchmal geht es auf einer geschwungenen Brücke ans andere Ufer. Zwischendurch werden immer wieder Fotostopps eingelegt, denn deswegen sind wir unterwegs.
Um halb vier kommen wir in Reine an und gehen erst einmal ins Bringen Café. Es ist nach norwegischer Definition ein Coffeeshop, aber dort ist der Kuchen eine Wucht, ich verputze je ein Stück Apfel- und Cappucinokuchen und freue mich des Lebens. Danach folgt die Fototour in und um Reine.

Auf der Rückfahrt machen wir noch im Nachbarort Hamnøy halt, hier ist von der Brücke ein schon tausendmal gesehenes Foto zu schießen. Wen es interessiert, sucht mal nach dem Fotostichwort Hamnøy. Zum Essen gehen wir rund 200m zu Anita’s Seafood (https://sakrisoy.no/seafood/) im Ort Sakrisøy. Das ist einfaches Restaurant mit Fischhandel und ich kann es nur empfehlen. Die Suppe des Tages war sehr gut und mein erstes Königskrabbenbein war auch sehr lecker.

4. Tag: Fahrt in den Norden Austvågøyas

Heute morgen regnet es, also nix mit Sonnenaufgangsfotos, der Uli bleibt im Bett bis zum wieder opulenten Frühstück. Um zehn Uhr hat der Regen aufgehört und wir starten zur Tour in Richtung Norden, wollen aber auf der Insel Austvågøya bleiben. Der erste Stopp ist ein Parkplatz, der einen schönen Blick auf das Kirchlein von Sildpollnes bietet und der außerdem von schönen herbstlich verfärbten Birken umgeben ist. Das Wetter ist extrem wechselhaft, von Sonnenschein bis zu kräftigen Schauern bei geschätzt 5 °C ist heute alles drin.

Hinter der Kirche geht unsere Fahrt auf der Fv88 in Richtung Westen weiter und hinter dem Storvatnet biegt die Straße in Richtung Norden ab, bis wir im Norden nach Laukvika abbiegen. Nachfolgend einige Eindrücke von der Fahrt dorthin und in Laukvika.

Unser letzter Fotopunkt ist von Laukvika aus gesehen weiter östlich hinter Grunnfør, wo wir einen schönen Blick auf die Insel Hadseløya haben. Sie ist die südlichste Insel der Vesterålen mit der Stadt Stokmarknes, auf der wir vor ein paar Tagen noch waren.

Abends besuchen wir das Klatrekaféen, ein Restaurant, das von jungen Leuten betrieben wird, die sich hauptberuflich als Berg- und Kletterführer betätigen. Es ist eine total lockere Atmosphäre darin, man wählt an der Theke aus zwei oder drei Gerichten aus, die auf einer handgeschriebenen Tafel aufgeführt sind und hockt sich dann mit seinem Getränk an einen der einfachen Tische. Gemütlich und sehr lecker, wieder einmal esse ich Bacalao, den Stockfisch in Tomatensoße und bin danach pupsatt.
Plötzlich schreit jemand: «Wir haben Polarlicht!» und wir alle stürzen nach draußen. Der Himmel ist nur leicht bewölkt und tatsächlich, da ist ein kräftiger grüner Streifen am Nachthimmel. Also nix wie zurück ins Hotel, Kamera, Fernauslöser, Stirnlampe und Stativ geschnappt und wieder raus. Der Parkplatz vor dem Hotel wimmelt von Menschen, die versuchen, mit allem, was knipst, ein Bild vom Phänomen zu erhaschen. Irgendwo dazwischen finde ich auch einen einigermaßen geeigneten Ort und richte mich ein. Aber da beginnt das Polarlicht schon wieder hinter dicken Wolken zu verschwinden.

5. Tag: Fahrt nach Gimsøy

Tagesmotto: Golfen nördlich des Polarkreises und Speisen über Pferden.

Früh aufgestanden und ein wenig in Henningsvær fotografiert. Nach dem Frühstück hat es aufgeklart und los geht die Fahrt auf die Nachbarinsel Gimsøy. Wir wollen auf einer Rundfahrt immer an der Küste entlang die bekannte kleine Kirche (Gimsøy kirke) und einige andere Spots besuchen. Zwischendurch gibt es eine kleine Kuchenschlacht auf einem Golfplatz (https://lofotenlinks.no/golf), direkt am Meer. Muss toll sein, hier im Sommer 24h lang golfen zu können und immer den Ball zu sehen (wenn er nicht ins Meer fliegt 😊).
Gegen Abend planen wir Fotos vom Sonnenuntergang hier am Strand. Da bis dahin noch Zeit ist, besuchen wir einen Geheimtipp der Golfer. Es ist ein Restaurant auf einem Reiterhof in der Nähe. Unten im Stall sind die Pferde untergebracht, mit denen man in die Mitternachtssonne reiten kann und oben auf dem ehemaligen Heuboden ist ein Restaurant. Dort werden wir fürstlich bewirtet mit wirklich erstklassigem Essen, ein echter Geheimtipp. (Ich wünsche euch, dass es diese Location heutzutage noch gibt.)
Der Sonnenuntergang ist überhaupt nicht fotogen, so bleiben wir noch einen Moment länger und genießen die Gastlichkeit.

6. Tag Bergsteigen und Abschied

Den Morgen haben wir zur freien Verfügung, der Himmel ist klar, wir haben 18° C. Die meisten wollen nochmal nach Svolvær, aber dazu habe ich keine Lust. Ich will meinen schon im Winter gefassten Plan umsetzen: Ich möchte auf den nächsten Hügel steigen, der sich direkt hinter Henningsvær erhebt. Er ist ca. 200m hoch und es gibt laut meiner Wander-App einen Wanderweg hinauf. Zusammen mit Jonathan mache ich mich auf den Weg.
Wir stellen sehr schnell fest, dass wir Flachlandtiroler uns einiges vorgenommen haben. Denn anfangs liegen 3 m bis 4 m hohe Felsblöcke kreuz und quer übereinander und da müssen wir uns entweder dazwischen durch zwängen, drüber klettern oder auch mal von einem zum anderen springen. Dann sind wir aber durch und der Pfad wird einfacher, um nach 50 Höhenmetern extrem steil und rutschig zu werden, fast müssen wir auf allen vieren hochklettern. Aber dann sind wir endlich oben und sofort überwältigt uns eine tolle Aussicht.

Den Rest des Tages verbringen wir mit gemeinsamer Bildbesprechung und Packen. Am nächsten Tag geht es zurück zum Flughafen Evenes und dann nach Oslo. Dort trenne ich mich von den anderen und beginne mein Fotoabenteuer im Rondane Nationalpark.

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